Winterarbeit

Der zweite Winter

Nach dem langen Refit und einem schönen, wenn auch recht schwachwindigen Sommer stand nach der ersten Saison unser zweiter Winter mit INGEBORG an.

Das Wochenende mit dem Reformationstag 2022 war nicht nur lang, es bot auch die besten Voraussetzungen – bei schwachem Wind und bester Sonne ging es am Samstag unter Motor von Wackerballig in den Egernsund. Martin&Lars waren schon dort, und so gab es nicht nur Hilfe beim Anlegen, auch der dringend benötigte heiße Kaffee war schon fertig.

Der Sonntag machte seinem Namen alle Ehre, bei strahlendem Sonnenschein konnten wir bei beiden Booten die Segel trocknen, abschlagen und verpacken – damit war die Segelsaison 2022 vorbei.

Am Nachmittag gab es noch Kaffee im Cockpit, mit dem Montag kam dann der Herbst: Als wir gemeinsam Songlines zum Kran verholten, lag der Nebel feucht und schwer über dem Hafen.

Nach der vielen Arbeit im vorangegangenen Winter wollten wir es dieses Mal etwas ruhiger angehen – außer ein paar Farbarbeiten im Innenraum, an Dach und Schanzkleid gab es nur drei große Themen:

  • Das Deck sollte neu vergossen werden – die Leckagen durch den alten, ausgehärteten Teer waren einfach zu stark.
  • Die Sanitärschläuche (inklusive ihrer Ventile und Anschlüsse) mussten dringend ersetzt werden.
  • Nach der Überhitzung des Motors sollten alle Dichtungen, vor allem die des Zylinderkopfes, getauscht werden.

Die Lackierungen im Innenraum waren unsere geringste Sorge, während des gesamten Winters war das am Sonntag, kurz vorm Verlassen des Boots, unsere letzte Aktion.

Da wir nicht an jedem Wochenende an Bord sein wollten, haben wir viele der losen Teile mit nach Hamburg genommen – im Keller und in unserer Werkstatt im Landkreis (viele kennen sie noch aus dem LOTTE Blog) wurde fleißig gearbeitet. Vor allem der Boden vom Cockpit und der Niedergang in den Salon hatten dringend eine Schönheitskur nötig.

Am Niedergang zeigten sich nicht nur viele Kratzer in den Lackflächen, die Vorderkante der Stufen war deutlich abgenutzt und an einigen Stellen schon ausgetreten. Aus diesem Grund entschieden wir uns für die Montage einer Trittschutzschiene nach dem Lackaufbau.

Als Klarlack kam wieder SIGMARINE 42 zum Einsatz, alle Teile im Außenbereich wurden vorher mit einigen Lagen IMP grundiert. Für den Cockpitboden und die obere Abdeckung nutzten wir BENAR Öl, dieses lässt sich schnell und einfach ausbessern.

Die Sanitärschläuche hatten wir im ersten Winter nicht mehr angepackt, aber ihr Geruch und das klebrige Äußere waren mittlerweile mehr als eklig. Da auch die Schaltmimik, die im Schrank hinter der Toilette die Umschaltung von Tankbetrieb auf direktes Abpumpen nach außen ermöglicht, mehr als unwuchtig war, entschieden wir uns auch diese zu tauschen.

Neben den Fäkalienschläuchen tauschten wir auch alle Anschlüsse, Bögen und Fittinge – soweit möglich kamen Kunststoffversionen zum Einsatz, wo es keine passenden gab, versuchten wir auf jeden Fall keinen „Materialmix“ zu erzeugen und innerhalb eines Werkstoffs zu bleiben.

Da die alten Seeventile bereits vor wenigen Jahren getauscht worden waren, brauchten wir uns dort keine Sorgen zu machen. Wir konnten uns in Ruhe auf die Arbeiten im Boot konzentrieren, und dabei störten weder die eisigen Winde noch der anhaltende Dauerregen zwischen den Jahren.

Silvester war wieder ein Highlight, hatten wir vor einem Jahr den ersten Jahreswechsel auf INGEBORG bereits mit einem Freund verbracht, so waren wir dieses Mal zu sechst – ganz schön eng, wenn draußen der Sturm heult und der Regen auf das Dach prasselt. Bärbel&Helmut hatten für eine Woche eine Ferienwohnung im Nachbarhaus, Gunthi&Nino waren nur über den Jahreswechsel oben.

Mit einem tollen Käsefondue, ein paar guten Schlucken und dem Buch über Ebbe (bei dem INGEBORG auf dem Cover zu sehen ist) war der Silvesterabend viel zu schnell vorbei, und wir hatten plötzlich 2023. Nach dem Neujahrstag ging es dann auch gleich wieder an die Arbeit.

Die größte Baustelle für uns war unser Motor. Auf dem Sommertörn war dieser aus unbekannten Gründen mehrfach zu heiß geworden, und das war den Dichtungen nicht bekommen – mittlerweile kam aus einigen auch Öl.

Leider gibt es kaum noch Originalteile für den alten SABB und wenn, dann sind diese sehr teuer. Glücklicherweise gibt es aber eine Firma in Indien, die sich auf Teile, vor allem Dichtungen, für alte Maschinen und Motoren spezialisiert hat, von dort bekamen wir sehr zügig (und nicht zu teuer) einen kompletten Dichtungssatz.

Die Demontage der alten Dichtungen war alles andere als einfach, und wir waren froh, dass uns Axel etwas zur Hand ging.

Während der Reinigung der Motorteile zeigte sich recht schnell, dass die Ventile neu eingeschliffen werden mussten – ein Abstecher zum nächsten Landmaschinenhandel brachte uns die nötige Schleifpaste, und nach kurzer Zeit saßen alle Ventile wieder passend. Beim Zusammenbau und dem Einstellen des Ventilspiels half uns wieder Axel, dann tuckerte die Maschine wieder ganz manierlich vor sich hin.

Als es wärmer und vor allem trockener geworden war, konnten wir uns dem Deck widmen. Unser Deck, aus massiven Lärchenplanken, ist traditionell kalfatert und mit Teer vergossen – leider ist dieser über die Jahre trocken und porös geworden. Als erste Idee wollten wir zum neuen Abdichten wieder Teer nehmen, aber nach einigen Gesprächen entschieden wir uns doch für die Suche nach einem „modernen“ Dichtstoff.

Die sehr freundlichen und wirklich hilfsbereiten Telefonate mit den technischen Hotlines der bekannten Hersteller (Sika, Pantera, Bostik,…) endeten immer am selben Punkt: Teer. Keiner wollte die Verantwortung für eventuelle Probleme übernehmen, und so blieb nur die Suche in Arbeitsfeldern fernab vom Wasser. Wenn man über das Thema Abdichtung und Teer nachdenkt, so landet man schnell bei den Dachdeckern und genau die hatten die richtige Idee: via DICHT7 Dieses Produkt zeichnet sich nicht nur durch seine Teer-Kompatibilität aus, im Datenblatt wird sogar die gute Seewasserbeständigkeit erwähnt.

Wir besorgten uns eine Tube und machten verschiedene Versuche in der Werkstatt: Kleben von reinem Holz, Kleben von geöltem Holz, Kleben von geteertem Holz und Kleben von feuchtem Holz. Da alle diese Versuche recht zufriedenstellend verliefen, starteten wir als nächstes einen Versuch an Bord. Dort zeigte sich zwar eine gute Haftung, leider quoll bei Wärme aber verbliebener Teer zwischen Holz und Fuge hervor – wir mussten die Flanken der Fugen also gründlich reinigen.

Nach dem Verdichten und teilweise neu Kalfatern der Fugen ging es mit einem selbstgebautem Kratzer und viel Schweiß zur Sache – während ich mich langsam vom Bug zum Heck arbeitete, vergoss Robbi die Fugen mit dem Dichtstoff und zog eine leichte Hohlkehle in die Fuge. Nach einem harten Tag Arbeit konnte der Dichtstoff härten und wir zum Osteressen zu meinem Vater; Ostermontag wurde dann geschliffen und grundiert.

Zum Ende des Winters wurde es dann noch einmal spannend, neben unseren neuen Matratzen kamen auch die neuen Polster für den Salon.

Die alten Bezüge waren zwar noch intakt (und nichtmal so sehr verblichen), aber sie waren nicht unsere Farbe und die Polster waren vor allem komplett durchgesessen. Wie schon auf LOTTE hatten wir auch auf INGEBORG eine perfekte Beratung und Ausführung durch die Firma Lenschau. Mit guten Ideen und einem tollen Stoff gaben wir dem Salon unseren ganz eigenen Touch.

Die restlichen Arbeiten an Deck und Rigg fanden bei bestem Frühlingswetter statt, und so war INGEBORG Ende April bereit für die Saison.

2 Kommentare

  • Werner Wrage

    Moin, wir stehen vor einem ähnlichen Problem der Nahtabdichtung.
    Seit kurzem sind wir Eigner der „Mejsen af Ribe“ und haben festgestellt, dass der alte Anstrich um die Überwasser mit Marineglue vergossenen Kalfatnähte abgeplatzt ist.
    Jetzt sind wir auf euren Tip mit via Dicht7 gestoßen. Hat sich das Mittel als Ersatz für Glue bei euch bewährt?
    Vielen Dank,
    Sonja und Werner

    • Björn Ole Pfannkuche

      Moin und herzlichen Glückwunsch zu der schönen Jagt! (Bei uns im Winterhafen liegt ja ein sehr ähnliches Boot, leider in einem recht schlechtem Zustand…)
      Zu Eurer Frage: Bis jetzt sind unsere Erfahrungen positiv, aber wir sind ja auch erst ein knappes Jahr am Testen. Die Flankenhaftung ist sehr gut, lediglich bei einer Fuge, die extrem stark arbeitet, hatten wir nach dem heißen Sommer ein paar Probleme – diese werde ich jetzt, wo das Boot gerade mal kurz in der Halle steht, neu vergießen.
      Eine negative Sache können wir aber auch berichten: An einigen Stellen kommt bei Wärme der alte Teer (obwohl wir die Flanken der Fugen gut gesäubert hatten) wieder nach oben; das äußert sich an Stecknadelkopf großen Teerblasen, die wir vorher nicht hatten.

      Ihr schreibt aber, dass es bei Euch um die Farbe des Rumpfs geht, oder? Da es dort immer zu Bewegungen kommt, ist die Art der Nähte egal – es wird nach ein paar Jahren immer aufplatzen. Hier hilft nur eine möglichst „weiche“ und „flexible“ Farbe, bei uns hat der Werdol Coasterlack sehr gut gehalten.

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