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Refit 2023/24 – ein neuer Motor

Auf den ganz frühen Bildern aus der Bauzeit von Ingeborg ist der Motor bereits zu sehen. Spanten und Wrangen waren kaum gestellt, da stand er schon auf seinem Platz – vor den Planken, Schotten oder irgendeiner Art von Innenausbau.

Der alte norwegische SABB Diesel (Typ 2GZ) war auch nicht die erste Wahl, aber das Budget hatte nicht für eine adäquat dimensionierte Maschine gereicht, und so mussten damals die 22PS wohl oder übel reichen. Beim Kauf von Ingeborg war uns daher bereits klar, dass wir über kurz oder lang eine neue Maschine einbauen müssen – die Realisierung dieses Projekts sollte aber mit Ruhe und Zeit erfolgen.

Leider begannen unsere Probleme mit der Maschine aber bereits auf unserem ersten Sommertörn 2022 und ließen sich auch durch viel Arbeit im folgenden Winter nicht beheben – ein kurzfristiger Ersatz wurde daher notwendig.

Da wir uns bis zum letzten Sommer allerdings kaum mit Motoren auskannten, standen wir vor einer Menge Probleme:

  • Was ist eine geeignete Maschine für unsere Dicke?
  • Wie finden wir eine passende Schraube?
  • Wie und wann findet der Umbau statt und wer macht diesen?

Die ersten Anfragen bei lokalen Händlern zeigten das Problem sehr deutlich: Jeder machte uns ein Angebot seiner bevorzugten Marke – wir fühlten unsere besonderen Anforderungen kaum berücksichtigt.

Die erste Klärung erfolgte nach einigen eMails und Telefonaten mit Michael Hermann (von Yachtinside) – vielen Dank dafür! Anhand von einigen Maßen, für die wir sogar tauchen mussten, machte er uns erste Berechnungen für eine optimale und eine vom Platz her passende Schraube. Diese bestimmte dann den Durchmesser der Welle, das Getriebe und letztendlich die Art der Maschine: Für Ingeborg brauchen wir einen langsam drehenden Motor mit hohem Drehmoment bei niedriger Drehzahl.

Mit diesen Informationen machten wir uns im Sommer 2023 auf die Suche, und nach vielen Stunden am Telefon, im Internet und an Bord blieb nur ein Motor übrig: der Solé Mini 74. Nach einem „Den bekommen wir da schon irgendwie rein!“ von unserem Bootsbauer Norman bestellten wir die Maschine bei Thiesen in Flensburg – es ist immer gut, mit lokalen Firmen zusammen zu arbeiten.

Der 4-Zylinder auf Mitsubishi Basis hat knapp 65PS, 3,3l Hubraum und bereits bei 1500 U/min ein Drehmoment von 200Nm – zusammen mit einem 4-Blatt Drehflügelpropeller von SPW soll er unsere Dicke auf eine Marschfahrt von 6 bis 7kn bringen, das wären dann 2,5kn mehr als bisher.

In der ersten Dezemberwoche begannen wir mit den Arbeiten: Der alte Motor wurde ein letztes Mal gestartet und half uns aus der Box hin zum Kran – danach war der Maschinenraum voller Öl. Ursprünglich war es wohl so gedacht, dass für solche Arbeiten das Brückendeck entfernt werden kann, darauf wollten wir aber nicht nur aufgrund der Witterung verzichten. Wir legten den Besan, und dann ging es an die Demontage von Cockpit, Motorraumtüren und Anbauteilen.

Die Arbeiten gingen zwar erstaunlich schnell, aber während wir morgens noch bei schönster Sonne zum Kran verholt hatten, fand der Ausbau des alten Motors am Nachmittag dann bei Schneefall und eisigem Wind statt.

Wir waren schon glücklich, dass wir die 400kg ohne Schäden aus dem Boot bekommen hatten, noch glücklicher waren wir aber über die Lieferung des neuen Motors am kommenden Tag – vorher mussten wir allerdings erstmal einen Weg zum Boot frei schieben.

Live und in Farbe wirkten die Dimensionen der Maschine schon ganz anders – wie sollten wir sie jemals in den Motorraum bekommen? Die Hauptprobleme waren folgende:

  • Die Höhe des Motors im Boot ist durch den Flansch der Welle vorgegeben. Durch den Einbau einer flexiblen Kupplung gewinnen wir zwar ein paar Zentimeter, aber einiges geht schon durch die Ungenauigkeiten beim Einbau drauf.
  • Der Motor selber hat in etwa die gleiche Länge wie der alte, dazu kommt aber noch das Getriebe. Da die Höhe des Motors fix ist, landeten wir mit dem Getriebe mitten in zwei Bodenwrangen.
  • Der neue Motor ist doppelt so breit wie der alte, aus diesem Grund muss das neue Fundament tief in die Spanten gesetzt werden.

Bei kleinen Bauteilen würde man diese mit an Bord nehmen und vor Ort anpassen, bei einer Maschine von knapp 400kg ist das natürlich nicht so einfach möglich. Aus diesem Grund bauten wir ein Modell der Unterseite, dieses bildete alle wichtigen Maße ab und konnte leicht mit an Bord genommen werden.

Die nächste Zeit bestand aus Messen, Platz schaffen, Denken und wieder Messen.

Leider stellte sich sehr schnell heraus, dass der Einbau doch nicht so einfach werden würde: Durch die Breite der Maschine kamen wir so weit nach außen, dass wir zu viel von den Spanten hätten wegnehmen müssen – sonst hätten wir die Höhe der Welle nicht erreicht.

Jetzt war guter Rat teuer. Wie kann man den Motor tiefer, die Lager (und das Fundament) aber höher bekommen? Schnell kam die Idee, Adapterplatten für die Motorfüße zu bauen. Dann wären sie zwar noch 2cm weiter auseinander, aber wir würden 5cm höher kommen. Gemeinsam mit einem alten Schlosser waren die groben Formen, die Bohrungen und Gewinde schnell gemacht, dann mussten wir sie nur noch aufhübschen und lackieren.

Die gewonnenen 5cm waren schon ein Schritt in die richtige Richtung, leider aber noch lange nicht ausreichend – jetzt war mal wieder guter Rat teuer. Die zündende Idee kam von Jochen, dem ehemaligen Werftbesitzer: Wenn ein Eichenfundament von mindestens 6cm Stärke zu dick ist, wieso dann kein Stahlfundament von 1cm?

Gemeinsam nahmen wir Maß und jetzt reichte es; aus dem gleichen Material wie die Adapterplatten bauten wir ein neues Fundament, dieses wurde später feuerverzinkt.

Die ersten drei Januarwochen verbrachte ich an Bord, und am Ende konnte der Motor das erste Mal probeweise aufgestellt werden – er passte schon verdammt gut.

Da es draußen kalt und früh dunkel war, nutze ich die Abende für Arbeiten in der Halle. Neben viel Lackiertätigkeiten war das vor allem der Umbau der Tür des Motorraums: Dort sollte das neue Motorpanel rein.

Über die Tage verschwand das alte Loch, ein neues wurde gesägt (zusätzlich noch zwei weitere für neue Instrumente), und die Türen erhielten ein paar Lagen Lack.

Ende Februar ging unser Projekt dann in die nächste Phase, dazu musste unsere Dicke aber erstmal aus dem Wasser. Wir hatten an dem Wochenende Hilfe von Daniel, und so schafften wir es, direkt vor einer wirklich heftigen Orkannacht nicht nur den probehalber verbauten Motor sicher von Bord zu bekommen, den Großmast zu legen und das Boot zu kranen, wir demontierten auch noch das Ruder – zum ersten Mal seit dem Bau von Ingeborg.

Schraube und Welle waren dann schnell entfernt, bei der Buchse half ein langer Hebel, nur das Stevenrohr ließ sich nicht ziehen. Dieses war beim Einbau ganz klassisch mit flüssigen Pech vergossen und zwar auf den ganzen 80cm Länge – mal wieder war guter Rat teuer.

Da Pech bei Hitze flüssig wird, entschieden wir uns, das Metallrohr zu erwärmen und dann, Stück für Stück, mit Hilfe von zwei Schrauben raus zu ziehen. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt waren die Arbeiten im eisigen Wind nicht angenehm, aber der Erfolg gab uns recht – zwar waren die Finger steif, aber das Rohr war draußen.

Im März verbrachte Robbi dann zwei Wochen auf der Werft, und während die alten Borddurchlässe und das Kühlrohr verschwanden, das Unterwasserschiff seine Grundierung bekam und Robbi einige größere ungeplante Baustellen fand, wurden auch schon ein paar neue Teile installiert – dann holte ich bei SPW in Bremerhaven unsere neue Welle und die neue Schraube ab.

Das probeweise Anhalten der neuen Schraube machte uns sehr deutlich: Aus Ruder und Steven muss einiges ausgearbeitet werden. (Eigentlich wäre ein 3-flügeliger Propeller die erste Wahl gewesen, aber dieser hätte vom Durchmesser noch größer sein müssen – das hätte nie gepasst.)

Wir übertrugen die neuen Maße mit Hilfe einer Pappe auf das Ruder, dann kam die Kettensäge zum Einsatz. Es war kein schönes Gefühl, mit so einem Gerät am Boot zu hantieren, aber mit jeder Stunde wurde das Ergebnis besser, und am Ende hatten wir einen formschönen neuen Propellerbrunnen.

Als der Rumpf über und unter Wasser fertig war, konnten wir das neue Stevenrohr einsetzen, den Propeller installieren und das Ruder wieder einhängen – nach Montage der neuen Borddurchbrüche für Kühlwasser und Auspuff war das Boot von außen fertig.

Jetzt fehlten noch die Teile im Boot, und das waren ein ganze Menge:

  • Drucklager für die Aufnahme der Welle im Boot
  • Borddurchbruch und Filter für das Kühlwasser
  • Kraftstoffleitung und Kraftstofffilter
  • neue elektrische Anschlüsse für Starter und Lichtmaschine
  • kompletter Abgasstrang inklusive zweier Wassersammler
  • Schaltung und Schaltzüge

Auch wenn die Optik der Spinlock Schaltung sicher nicht ganz zu einem Traditionssegler passt, so haben wir uns bewusst für dieses platzsparende Design entschieden: Man kann den Schalthebel (der auch durch jede Winchkurbel ersetzbar ist) ganz einfach abziehen, und dann ist im Cockpit wesentlich mehr Raum – wir gewinnen auf der Seite einen ganzen Sitzplatz.

Wieder im Wasser konnte endlich der Motor final installiert werden. Mit Hilfe von zwei Flaschenzügen und einer Menge Geduld wurde er ausgerichtet, dann stand er endlich auf seinem Platz. Robbi war bei der Erstinbetriebnahme dabei, die Probefahrt (noch ohne Masten) machten wir dann gemeinsam mit Norman am folgenden Wochenende.

Unsere Rumpfgeschwindigkeit von 8,6kn erreichten wir zwar nicht ganz, aber die ersten Manöver waren schon sehr vielversprechend: Mit dieser Maschine haben wir ein komplett neues Fahrgefühl!

2 Kommentare

  • Dörthe

    Hej von Tejsten, wie toll! Was habt Ihr alles geleistet und geschafft! Wir sind begeistert! Allzeit gute Fahrt und was hat Ingeborg für ein Glück mit Euch 😊
    Beste Grüße von Dörthe, Ulf und Stina (gerade in Marstal ⛵️)

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