Technik,  Törns

2023 – eine verlorene Saison

Über unserer zweiten Saison mit Ingeborg stand kein guter Stern – die Probleme begannen bereits wenige Minuten nach dem Ablegen in Toft, vor der Überführung nach Wackerballig:

Bei bestem Wetter starteten wir die Maschine und wollten mittels Vorspring um unseren Mittelpfahl drehen, aber es passierte fast nix – entweder hatte der Motor nicht genug Leistung, oder die Schraube war zugewachsen. Nach den vielen Stunden Arbeit am Motor glaubten wir nicht an ein Problem mit der Leistung und wollten daher in Wackerballig die Schraube kontrollieren. So drehten wir unsere Kreise vor der Brücke und als sie endlich öffnete, ging es mit gerade mal 2kn Richtung Förde. Direkt unter der Brücke, sie begann sich auch schon zu schließen, kam plötzlich Dampf und Gestank aus dem Motorraum, und die Maschine stoppte sofort – überhitzt.

Mit Restschwung und hochgerissener Fock gelang es, ein paar Meter nach vorne zu kommen, dann half die Maschine nochmal für die 100m bis zum neuen Kurs – immer noch zu heiß.

Bei bestem Wetter, aber sehr wenig Wind, segelten wir langsam nach Wackerballig, für die knapp 15 Meilen brauchten wir dann aber doch über 6 Stunden. Unterwegs haben wir mit einem Spachtel am Stiel des Schrubbers die Schraube etwas frei gekratzt, dort waren ein paar Pocken, aber längst nicht so viele wie gedacht.

In Wackerballig begann dann das lustige Gebastel am Motor, gefühlt war jeder einmal bei uns an Bord und versuchte, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Als erstes hatte Robbi die Kielrohrkühlung im Verdacht, und so wurde das ganze System mit Entkalker mehrfach gespült und siehe da, aus den 100°C wurden 95°C – immer noch zu hoch, aber in die richtige Richtung.

Ein Wochenende später dann der nächste Versuch. Falls der Thermostat kaputt wäre und damit nicht richtig öffnete, würde das Kühlwasser auch nicht richtig fließen – also hat Robbi den Thermostaten kurzerhand überbrückt, jetzt floss das Wasser immer nur durch die Kielrohre und aus den 95°C wurden 85°C.

Während Robbi fleißig am Motor schraubte, konnte ich mich einem neuen Schaden widmen: Ein Sturm, gepaart erst mit Hoch- und später Niedrigwasser, hatte den Baum vom Besan auf die andere Seite des Heckpfahls gelangen lassen als das Boot – das folgende Scheuern hatte die Umlenkrollen für die Reffleinen heraus gerissen.

Bei wenig Wind und mit niedrigerer Kühlwassertemperatur starteten wir einen Seatrial – mit maximal 3,5kn ging es nach Sønderborg, und wir hatten einen tollen Abend im Stadthafen.

Die 85°C waren zwar schon besser, aber sie waren immer noch zu hoch. Dazu kam die schlechte Leistung, unsere maximale Geschwindigkeit war über einen Knoten geringer als in der letzten Saison.

Bei einem Gespräch mit Werner brachte er einen Bekannten ins Spiel, dieser würde sich gut mit SABB auskennen – am folgenden Wochenende holten wir ihn aus Flensburg und siehe da, er zeigte nach wenigen Minuten auf ein Teil und meinte: „Dort ist das Problem.“ Hierbei handelte es sich um die Membranpumpe des Kühlwassers, und nach schwieriger Demontage zeigte sich, dass sie aufgrund von Fremdteilen im Kühlwasser nicht mehr richtig schließen konnte. Daher pumpte sie wohl immer einen Teil des heißen Kühlwassers zurück in den Motor.

Die Fremdkörper, es waren Teile einer Dichtung, waren recht schnell entfernt, und Werners Kumpel hatte sogar eine neue Originalmembran – jetzt waren wir auf 65°C, und somit stand einer weiteren Probefahrt nichts mehr im Wege.

Zusammen mit Daniel ging es über die Bucht nach Sønderborg, und die Temperatur blieb konstant – leider hatte das aber keinen Einfluss auf die Leistung, und so blieb es bei maximal 3,7kn.

Auf dem Rückweg konnten wir sogar etwas segeln, als der Wind aber wieder weg war, ging es nach dem Baden unter Motor weiter – bis 8 Kabel vor Wackerballig. Aus heiterem Himmel kamen Dampf, Qualm und Gestank aus dem Motorraum, und bevor wir die Maschine ausschalten konnten, stoppte sie von alleine.

Ein Hilferuf nach Wackerballig führte dazu, das sich Ike&Karin und Anke&Christian gemeinsam auf der Lycka auf den Weg zu uns machten. Bei besten Witterungsbedingungen bildeten wir einen Schleppverband, und während Ike und Daniel an den Pinnen gleich eine gemeinsame Kommandosprache nach ihrer Zeit bei der Marine fanden, ging es mit leicht gedrückter Stimmung zurück in den Heimathafen.

Nach dem letzten Reinfall wollte ich gerne auf einen Sommertörn mit Ingeborg verzichten, und mit einiger Überredung konnte ich auch Robbi davon überzeugen – während er einen neuen Motor plante, sich mit Schraubenberechnungen und Antriebstechniken beschäftigte, plante ich einen Segeltörn mit einem Yoghurtbecher in den Schären vor Stockholm.

Ende August, wir hatten uns gerade mit unserem Bootsbauer Norman auf einen Motor geeinigt (dieser muss ja von den Dimensionen auch ins Boot passen), ging es mit dem Auto nach Norden und dann auf ein Charterboot.

Den Herbst über waren wir eher das Partyboot – aber das war auch schön. Jahre lang waren wir immer nur bei unseren Freunden an Bord und jetzt konnten wir sie auch mal einladen. An einem schönen Wochenende säuberte ich dann nochmal den Propeller, dann war die Saison auch schon vorbei… naja, eine richtige Segelsaison war das ja nicht.

Die letzten Wochen in Wackerballig waren dann im wahrsten Sinne des Wortes ein ständiges Auf und Ab, machmal mussten wir uns fast aufs Boot abseilen, einmal brauchten wir tatsächlich eine Leiter, um an Bord zu kommen.

Am 8. Oktober gab es dann ein günstiges Wetterfenster für die Überführung ins Winterlager, im Schlepp bei Songlines ging es von Wackerballig nach Egernsund. Obwohl Lars&Martin ständig bereit waren; den Ableger schafften wir aus eigener Kraft, die Schleppverbindung stellten wir erst vor dem Hafen her. Es war schon deprimierend: Mit unserer 14t schweren Dicken im Schlepp, lief Songlines immer noch schneller als wir mit heilem Motor.

Mit Hilfe unserer Freunde erreichten wir (und später auch unser Auto) sicher unser Winterlager, wir konnten sogar noch bei bestem Wetter die Segel abschlagen und das Boot winterfest machen.

Leider war unser Liegeplatz noch nicht frei, und so mussten wir erstmal in eine Box am Stegende – 2 Wochen später zeigte sich, wie gut was war: Im Orkan Ende Oktober hingen wir an einem der von Werner neu gesetzten Pfähle und hatten ausreichend lange Leinen – während rings um uns die Stege, Gärten und auch einige Boote in den Fluten verschwanden, lagen wir gut und sicher.

Wir hatten Donnerstag Nachmittag das Boot noch rechtzeitig erreicht und mit einer Leiter erklommen, am frühen Abend war der Steg bereits unter Wasser.

Am Freitag Morgen, wir konnten schon gar nicht mehr von Bord, sicherte Norman noch ein paar Boote, dann stellte er den Strom ab – gut, dass unser Ofen bestens funktionierte. Den ganzen Tag über stieg das Wasser weiter, und kurz vor Mitternacht, es war schon höher als prognostiziert, machte Norman noch eine Runde über den überschwemmten Steg. Gegen 2 Uhr morgens am Sonnabend ließ der Orkan dann nach und um 10 Uhr konnten wir bereits ohne Leiter auf einen trockenen Steg steigen.

Mit diesem Ereignis, das in vielen Häfen weitaus dramatischer war, endete unsere zweite Saison mit der Dicken. Wir hatten zwar nicht wirklich segeln können, aber zumindest war ein Teil der kommenden Winterarbeiten klar: Ingeborg bekommt einen neuen Motor!

2 Kommentare

  • Hans-Georg

    Oh shit! Ich hatte mich schon gewundert, dass in der letzten Saison gar nichts von euch zu lesen war. Zum Glück ist ja alles glimpflich ausgegangen, nun ja, ausser der unvorhergesehenen Investition für den neuen Motor.
    Die neue Saison kann nur besser werden – dafür wünsch ich euch Mast- und Schotbruch!

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert