Winterarbeit

Refit 2021/22 – der „kleine“ Rest

Neben all den großen Themen gab es natürlich auch noch viele kleinere Aufgaben und Arbeiten in dem großen Refit von INGEBORG:

Die Namensschilder

Als wir für die Arbeiten am Schanzkleid die Schilder abgenommen hatten, war für uns eines klar: Das Schild mit dem Heimathafen Lüneburg kann nicht wieder montiert werden. Leider hatten wir im Sommer von Ebbe erfahren, dass der alte Schnitzer nicht mehr lebt und von daher war guter Rat teuer – woher bekommen wir ein neues Schild?

Wieder einmal kam uns der Zufall zur Hilfe, denn an einem schönen Sonntag Nachmittag, INGEBORG war gerade in der Werfthalle, tauchten Peter&Christel vor der Halle auf. Die Beiden haben auch ein Boot in Wackerballig und waren natürlich neugierig auf unser neues Projekt – bei der Bootsführung kam dann das Gespräch auf die Schilder und Peter, selber Tischlermeister, bot uns seine Hilfe an.

Wir hatten die Wahl, das alte Schild umarbeiten zu lassen oder ein komplett neues zu bekommen – unsere Wahl fiel schnell auf die zweite Option.

Der Inhalt des Schildes, also der neue Heimathafen für INGEBORG, war dann schon viel schwieriger, was sollte Peter schnitzen? Im Winter liegt das Boot bei Toft, im Sommer in Wackerballig. Da wir keinen Hafen bevorzugen wollten und das Wort Wackerballig eh zu viele Buchstaben für die vorgegebene Schildgröße enthält, entschieden wir uns für Hamburg, unseren Wohnort.

Zu Weihnachten hatten wir dieses Meisterstück in unseren Händen und dann konnte es an die Lackierung gehen; das Namensschild INGEBORG hatten wir mittlerweile von allem losen Lack befreit und gut geschliffen.

Beide Schilder wurden erst mit IMP imprägniert und bekamen dann vier Lagen Grundierung. Im nächsten Schritt wurden die Mitte schwarz und die Flaggen weiß lackiert, dann ging es an die Feinarbeit. Bevor wir den Goldlack von Epifanes auftrugen, wurden alle Buchstaben und der Rand gelb gestrichen, damit kommt das Gold später besser zum Vorschein.

Dann folgten das Rot der Flaggen und am Ende das Gold – beim Einbau in der herrlichen Frühlingssonne war dann alles am Strahlen!

Die Skylights

Jeder, der bisher bei uns an Bord gekommen ist, hat sich über das viele Licht gewundert. (Viele andere Boote sind doch eher dunkel von innen.) Das liegt nicht nur an den hellen Hölzern und dem vielen Weiß, es kommt auch einfach viel Licht durch die kleinen Bullaugen und die großen Skylights.

Die aus massiver Eiche gefertigten Skylights waren, genau wie alle anderen ehemals klar lackierten Teile, mittlerweile mit Farbe überzogen – diese sollte runter und das schöne Holz wieder sichtbar werden. Auch von innen war ein neuer Anstrich dringend notwendig, denn das Schwitzwasser war an vielen Stellen unter den Lack gekrochen und hatte diesen abplatzen lassen.

Glücklicherweise hatte Jochen, der ehemalige Werftbesitzer, für alle Luken vor Jahren Ersatzdeckel gebaut, also: Luken runter, Deckel drauf und ab in die Werkstatt

Mit dem Abzieher war der Lack zwar schnell entfernt, das Schleifen hat uns dann aber doch ein ganzes Wochenende gekostet. Als am Sonntag Abend die erste Lage IMP das Holz so richtig anfeuerte, hatte sich die ganze Arbeit schon gelohnt.

Nach der Grundierung mit IMP folgten 15 Lagen Lack, wir hatten extra Halter gebaut, damit wir die Skylights in einem Arbeitsgang von beiden Seiten lackieren konnten.

Während die Zahl der Lackschichten auf den Skylights langsam anstieg, bekamen auch die Fundamente auf dem Boot frischen Lack. Dann, nachdem auch die Arbeiten am Deck abgeschlossen waren, kamen die frisch überarbeiteten Teile wieder an Bord.

Die Winschen

Sehr zum Missfallen der eingefleischten Traditionalisten hatten Jörg&Ingeborg beim Bau von INGEBORG entschieden, Winschen zu installieren – diese machen das Segeln mit kleiner Crew doch erheblich einfacher.

Für die Arbeiten am Deck und auch für die Demontage der Hütte mussten die großen Teile abmontiert werden, und dabei fiel uns auf: sie gehen viel zu schwer. Nach über 30 Jahren in Wind und Wetter hatten sie eine Überholung dringend nötig, und so wanderten sie mit uns nach Süden in unsere Werkstatt.

Dort zeigte sich schnell, dass alle Teile zwar komplett verdreckt aber sonst noch absolut in Ordnung waren – Ersatzteile waren nicht notwendig.

Nach dem Einsatz einiger alter Zahnbürsten, viel Kaltreiniger und noch mehr neuem Fett wanderten die Trommeln nochmal über den Polierbock und schon erstrahlten die Winschen (fast) in altem Glanz.

Bei eBay hatten wir günstig Edelstahl-Ronden gefunden, aus diesen fertigten wir passgenaue Gegenplatten und ersetzten damit die alten, mittlerweile arg verbogenen, Bleche. Jetzt drehen die Winschen wieder leicht, wie vor 30 Jahren, als sie an Bord gekommen waren.

Und noch mehr Lack – der Kleinkram

Neben all den großen Flächen in und am Boot, den Skylights oder den Masten gab es natürlich noch Unmengen von anderen Teilen, die überarbeitet und neu lackiert werden mussten.

Einige, wie die Pinne oder die Handläufe, sollten wieder klar lackiert werden und mussten daher erst von einigen Schichten Farbe befreit werden, andere benötigten einfach nur etwas Pflege.

Als wir nach dem Stellen der Masten endlich nach Wackerballig aufbrechen konnten, waren die Gitter über den Skylights, die Belegnägel (und deren Halter), der Cockpittisch, das Schiebeluk, die Luke der Vorpiek, die „Zwiebeln“ für die Mastspitzen, die Pantryverlängerung und vor allem die Pinne wieder einigermaßen vorzeigbar.

Vom Hausboot zum Segelboot

Jörg&Ingeborg hatten es sich die letzten Jahre an Bord sehr gemütlich gemacht, aber man merkte, dass das Boot schon lange nicht mehr auf See war: Das Besteck konnte lose in der Schublade klappern, das Geschirr passte nicht mehr in die ursprünglichen Halterungen und auf dem Kartentisch fehlte eindeutig eine Schlingerleiste.

Das Problem mit den Besteckschubladen war schnell gelöst. In der Restekiste der Werft fanden wir einige Stücke Bootsbausperrholz, und nach nur einem Abend war das erste Problem beseitigt.

Die Schlingerleiste für den Kartentisch bauten wir, nach guten Erfahrungen auf LOTTE, wieder abnehmbar: An die Leiste kamen zwei Messingstifte und in den Kartentisch passende Hülsen, jetzt ist alles seefest verstaut und trotzdem auch zur Reinigung oder anderen Arbeiten gut erreichbar. Durch diesen kleinen Eingriff haben wir eine Staufläche von knapp 90x40cm gewonnen.

Das Geschirr stellte uns vor eine etwas größere Herausforderung, denn leider gibt es das alte, sehr hübsche Geschirr nicht mehr. Jörg&Ingeborg hatten in den letzten Jahren immer durch etwas anderes aufgefüllt, aber dieses ließ sich leider nicht seefest stapeln.

Anfangs hatten wir noch gehofft, einfach ein neues Geschirr kaufen zu können, aber modernes Porzellan hat immer größere Durchmesser – also entschieden wir uns für einen Neubau der kompletten Halterungen.

Für die häufig benötigten Vorräte (Kaffee, Tee, Salz, Zucker,…) frästen wir in eines der Elemente Ausschnitte für Salbenkruken, diese sind lebensmittelecht, stabil und günstig.

Mit den Gläsern hatten wir echt Glück: Sie sind nicht nur durch ihren schweren Fuß sehr stabil, sie sind auch absolut zylindrisch und vor allem immer noch erhältlich.

Als neues Geschirr fanden wir eine sehr schlichte Serie von Seltmann Weiden, mit einem maritimen blauen Rand und ohne große Fahne. Leider scheinen sich alle Hersteller darauf verständigt zu haben, dass aktuelle Becher sich nach unten verjüngen – sehr unpraktisch an Bord! Unsere neuen Becher haben die Form eines Bierkrugs und stehen damit ausgesprochen stabil.

Leider passt diese Form nicht so gut in einfache „Löcher“ und so spendierten wir vier von ihnen ein extra Regal in dem Stil unserer Bücherregale.

neues Tauwerk

Neben vielen hundert Metern im Rigg gibt es natürlich noch andere Taue an Bord und die wichtigsten sind für uns die Festmacher. Das scheinen nicht alle so zu sehen, denn in den letzten Jahren konnten wir immer wieder beobachten, wie große und sehr teure Yachten mit einfachen, alten Seilen irgendwie festgebunden waren.

Über den Winter hatten wir alte Festmacher von Lars bekommen; das Quadratgeflecht hat eine super Dehnung und liegt gut in der Hand, bei der von uns benötigten Bruchlast aber mit 24mm Durchmesser auch ein enormes Gewicht.

Wir verglichen viele Produkte und entschieden uns am Ende für DockTwin von Gleistein. Dieses hat nicht nur eine sehr gute Dehnfähigkeit, sondern bei 16mm Durchmesser eine Bruchlast von knapp 7t.

Zusammen mit Lars&Martin kauften wir ein ganze Rolle, dann wurde für beide Boote gemessen, gespleißt und betakelt.

Die kleinen Rückschläge

Natürlich läuft nicht immer alles nach Plan, und so gab es auch immer wieder mal ein paar Rückschläge und neue Baustellen.

Im Frühjahr, wir waren mit dem Deck schon fast fertig, tropfte es plötzlich in unsere Koje – das Deck war undicht. Nach langem Suchen fanden wir ein Stück rottes Holz an der Luke zur Vorpiek, das hätte uns auch Monate vorher in der Werfthalle bei den Arbeiten am Deck auffallen können…

Als die Hütte runter und das Schiebeluk wieder gängig war, fanden wir auch noch im Speigatt Rott – anstelle das Holz komplett zu ersetzen, klebten wir ein kleines Drainagerohr aus Niro ein.

Und als Robert mit dem stehenden Gut schon fertig war, ließen sich die Wantenspanner nicht mehr bewegen – dieses Problem ließ sich aber gut mit einer gründlichen Reinigung und anschließend viel Fett lösen.

Ein Kommentar

  • Karin

    Lieber RoBo, Ihr habt ungalublich viel Arbeit geleistet – Hochachtung! Ich habe Eure Berichte über den Refitt mit großem Interesse gelesen. Auch wenn ich keine Fachfrau für Traditionssegler bin, fand ich die vielen Hinweise auf gute Materialien und Vorgehensweisen bei der Restauration sehr hilfreich für andere. Ich wünsche Euch, dass Ihr jetzt in der neuen Saison viel Segelspaß erleben könnt und sich Ingeborg als tüchtiges Schiff und auch gemütliche Unterkunft beweist. Viele Grüße, Karin

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